Zu Besuch bei unseren Kaffee-Bauern

15.06.2022

LOS MELLIZOS

Überall in der Region um Villa Rica herum prägen Kaffeeplantagen die Landschaft. Die größeren von ihnen sind bis zu 100 Hektar groß, die mittleren messen zwischen 30 und 50 Hektar. Eine von vielen kleinen Ortschaften heißt „Los Mellizos“. Das bedeutet „die Zwillinge“ und wurde so genannt, weil hier gleich zwei Flüsse nebeneinander verlaufen. Wenn man mit dem Wagen über die steinigen, nassen Wege die engen und steilen Kurven von Villa Rica nach Los Mellizos entlangfährt, fragt man sich, ob Motor und Räder das schaffen.

Der schmale Pfad ist gesäumt von Kaffeepflanzen, ich konnte meine Hand ausstrecken um die Blätter zu berühren, während Don Tomas alter Lastwagen quer durch die Berge fuhr. Als wir das Ziel erreichten, konnte ich die Hütten und Häuser von Los Mellizos komplett überblicken, das Dorf ist sehr klein. Im Gegensatz zu der Aussicht, die man aus der Siedlung heraus auf die Berge hat. Diesen Blick kann keine Kamera einfangen, und ich habe großes Glück, dass ich mit meinen eigenen Augen die Berge, Bäume und Pflanzen wahrnehmen, die feuchte und frische Luft atmen und die unzähligen Vögel hören durfte.

In diese gesunde Umgebung, weit weg vom Lärm der Städte, möchte ich immer wieder zurückkommen, um mit den Bauern Ideen, Erlebnisse und Erfahrungen auszutauschen. In Los Mellizos kann man für lange Zeit bleiben. Ich vermisse die grünen Berge, hoffentlich kann ich wieder nach Villa Rica reisen.

Von den vielen Bauern aus Los Mellizos bildet eine kleine Gruppe von sechs Familien die Gemeinschaft APROCAME (Asociacion Professional Café los Mellizos). Jede Familie bewirtschaftet eine Finca: Don Tomas und Wilma Carrera, Don Vicente und Dora Ruffer Moali, Ciro Cardenas und Rosa, Karina Moali, Wilder Simón und Olinda Moali, Don Aquino und Epi. Alle Vertreter von APROCAME besitzen mittelgroße Fincas und organisieren sich gemeinsam. Sie kennen sich seit Generationen, aber auch Leidenschaft und Vertrauen hält das Team so eng zusammen. Das ist deutlich zu spüren und man sieht und schmeckt es in der Qualität ihrer Kaffeebohnen.

Don Tomas

Wenn man sich lange mit ihm unterhalten hat und beobachtet, wie er sich umgeben von seinen Bäumen verhält, dann kann man sicherlich sagen, dass seine Finca ein Ausdruck seiner Persönlichkeit ist.

Don Tomas ist ein bescheidener Mensch, er redet nicht viel, doch wenn, dann schaut er dir direkt in die Augen. Er hat viel Erfahrung im Kaffeeanbau, aber auch im Leben.

Bevor er Kaffeebauer wurde, war er Polizist, zog aber nach seiner Heirat in die Berge, um seinem Schwager auf der Finca zu helfen, und übernahm mit seiner neuen Familie einen Acker. Er durchlebte sehr schwierige Zeiten, wurde von Terroristen auch in Villa Rica bedroht, einmal sogar wegen seines vorherigen Polizistenberufes entführt, sie wollten Informationen über die Polizeiarbeit erpressen. In sein Haus wurde eingebrochen, mehrmals verlor er sein ganzes Essen und seine Tiere.

Er und die Bauern im Umkreis lebten in ständiger Angst, und ein bekannter Bauer wurde grundlos ermordet.

Eine Frau der Terror-Gruppe kam eines Tages auf Don Tomas zu, und bat ihn um Hilfe, sie wollte aussteigen, und trotz der ständigen Unsicherheit und Angst, in eine Falle zu tappen, unterstützte er sie. Zwanzig Jahre später traf er sie zufällig in der Hauptstadt wieder, sie war ihm sehr dankbar, und lebt heute noch in Lima.

Jetzt ist Villa Rica ein friedlicher und freundlicher Ort. Kinder laufen alleine zur Schule, die Bewohner begrüßen die Fremden, die hierher kommen, und es gibt das Gefühl des Vertrauens zwischen den Bauern in der kleinen Ortschaft.

Don Tomas erzählt mit großer Leidenschaft, wie er sich um seine Finca kümmert. Er kennt jeden Baum, weiß die jeweiligen Namen und das Alter, sieht ob sie krank oder gesund sind, ob sie einen guten Ertrag bekommen werden und wie sie schmecken.

Ohne eine einzige Markierung kennt er genau die Grenzen seines Grundstückes. Er zeigte mir sehr große Bäume von ungefähr 50m Höhe, umarmte sie und erzählte uns von der positiven Kraft, die man von den Bäumen bekommen kann. Von diesem Tag an war ich überzeugt, dass er eine tiefe Verbindung zu Natur und Umgebung hat.

Don Tomas ist sehr beliebt und bekannt in der Gegend, ist fleißig, hört gerne zu und ist immer guter Laune. Er traut sich, Neues zu wagen, er hat mit anderen Bauern zusammen ein kleines Team in der Gegend „Los Mellizos“, „die Zwillinge“, aufgebaut, ein Netzwerk, welches sich gegenseitig hilft. Wir möchten gerne immer mit diesen großartigen Menschen in Verbindung bleiben, sie unterstützen und mit ihnen weiter zusammenarbeiten.